Russland dominiert den globalen Markt für Kernbrennstoffe, so dass auch viele US-Atomkraftwerke von den Lieferungen abhängig sind. Der Kreml könnte den Export untersagen und so auch die Energiekrise in den Vereinigten Staaten verschärfen. Auch Europa könnte betroffen sein.
Momentan sucht Washington nach Wegen, die Abhängigkeit der eigenen Atomkraftwerke von russischen Kernbrennstoffen zu reduzieren, wie „Bloomberg“ berichtet. Denn Russland produziert rund vierzig Prozent des globalen Angebots und liefert auch fast ein Viertel des Kernbrennstoffs für die 93 sich in Betrieb befindlichen Kernreaktoren der Vereinigten Staaten. Dies sorgt mittlerweile bei der kriegerischen Biden-Administration für große Bedenken, so dass man laut dem Bericht nach Wegen sucht, diese Abhängigkeit zu beenden. Hierbei gehe es um die „eigene Unabhängigkeit“ sowie um die „nationale Sicherheit“, wie Energieministerin Jennifer Granholm betonte.
Während Washington bereits vor Monaten den Import von russischen Kohlenwasserstoffen untersagte, blieben die Kernbrennstoffe von dem Verbot unberührt. Denn auf dem Weltmarkt gibt es keinen Ersatz dafür und auch der Aufbau von Produktionskapazitäten würde einige Jahre dauern. So heißt es in dem Bericht, dass vom Abbau in den Uranminen bis zur Raffinierung zum Kernbrennstoff etwa drei bis fünf Jahre an Zeit eingerechnet werden müssen. Dies bedeutet allerdings auch, dass ein etwaiges Exportverbot in die Vereinigten Staaten durch Moskau die Atomstromproduktion dort massivst beeinträchtigen würde.
Derzeit sorgt der Atomstrom insgesamt für rund ein Fünftel der US-amerikanischen Stromerzeugung, so dass mit einem Lieferstopp durch Moskau bis zu fünf Prozent der gesamten Stromproduktion des Landes ausfallen könnten. Das klingt nicht nach sehr viel, doch das entspricht in etwa 200 TWh. Dies kann in etwa mit dem jährlichen Stromverbrauch Italiens (oder etwas mehr als der dreifachen Produktion Österreichs) verglichen werden und ist damit also auch kein Kinkerlitzchen.
Bereits im Mai wurde auf die Abhängigkeit von russischen Kernbrennstoffen hingewiesen und dazu aufgefordert, entsprechende Ersatzkapazitäten zur Anreicherung von Uran zu schaffen. Der US-Sender CNBC berichtete dazu: „Die USA müssen auch auf Brennstoff für fortgeschrittene Reaktoren vorbereitet sein, die sich derzeit in der Entwicklung befinden und Uran mit einer Anreicherung von 15 bis 19,75 Prozent benötigen, während herkömmliche Leichtwasserreaktoren, die derzeit in den USA in Betrieb sind, Uran mit einer Anreicherung von 3 bis 5 Prozent verwenden. Dieser hochgradig schwach angereicherte Uranbrennstoff (HALEU) ist dem Bericht zufolge derzeit nur in Russland in kommerziellem Umfang erhältlich.“
Auch die Europäer kaufen weiterhin russischen Kernbrennstoff ein, wie ein Bericht der Nachrichtenagentur AP zeigt. Diese Lieferungen gehen unter anderem nach Frankreich und Deutschland. So hat die französische Atomindustrie unter anderem eine Reihe von Verträgen mit dem staatlichen russischen Atomkonzern Rosatom zur Aufbereitung von Uran, da das Unternehmen entsprechende Aufbereitungskapazitäten besitzt. Insgesamt, so ein BUND-Bericht, stammten im Jahr 2020 ganze 20,2 Prozent des Uranbedarfs aus Russland, weitere 19,1 Prozent aus Kasachstan. Ein Exportverbot würde also auch die europäische Atomstromproduktion betreffen.